Fliegenpilz Hexenring

Andreas Lackmann berichtet über den „Schamanenpilz“ Amanita muscaria. Der Fliegenpilz.

Über Andreas Lackmann

Andreas Lackmann beschäftigt sich intensiv mit Heilpilzen und deren Anwendung in der modernen und traditionellen Medizin. Er ist der Gründer derAndreas Lackmann Firma all about FUNGI GmbH, deren Ziel es ist, mehr Transparenz in den Pilzmarkt zu bringen. Pilze besitzen wunderbare Eigenschaften, die den Menschen beim Konsum gesundheitliche Vorteile bringen können. Neben der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln organisiert all about FUNGI auch Pilzexkursionen mit zertifizierten PilzCoaches und Pilz-Sachverständigen der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM e.V.). Zusätzlich betreibt die Firma einen YouTube-Kanal, auf dem Andreas sich regelmäßig mit Pilzexperten austauscht und über verschiedene Aspekte der Mykologie spricht.

Seine Motivation, sich intensiv mit Pilzen zu beschäftigen, kam durch einen Burn-out, der seine Verbindung zur Natur und das Interesse an den heilenden Eigenschaften von Pilzen stärkte.

 

Der faszinierende Fliegenpilz: Ein Überblick

Viele Steinpilz-Sammler wissen:

Die GlückspilzinWo Fliegenpilze gedeihen, sind oft auch schmackhafte Steinpilze zu finden. Der Fliegenpilz (Amanita muscaria) ist wohl der bekannteste und faszinierendste Pilz weltweit.Mit seinem leuchtend roten Hut und den weißen Punkten ist er nicht nur im Wald ein Hingucker, sondern spielt auch eine bedeutende Rolle in zahlreichen Mythen und Legenden.

Der schöne Fliegenpilz, auch als "Roter Fliegenpilz" bekannt, ist eine giftige Pilzart aus der Familie der Wulstlingsverwandten. Dieser Pilz kann über 25 cm hoch werden und bildet oft beeindruckende Hexenringe um Bäume wie Birken und Fichten (siehe Foto oben). Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Fliegenpilz zum „Pilz des Jahres 2022“ gekürt, was seine Bedeutung unterstreicht. Er ist auch unter regionalen Namen wie Miggeschwamm, Sunneschirmche und Muckenpfiffer bekannt.

Interessanterweise wird der Fliegenpilz seit Jahrtausenden weltweit zur Unterstützung tiefgehender Heilungs- und Reinigungsprozesse verwendet. Viele Kulturen verehrten ihn als heilig und sahen in ihm ein Symbol für Fruchtbarkeit, Glück und Wachstum.<

Interview mit Andreas Lackmann

Du beschäftigst Dich mit Heilpilzen, wie kommst Du zum Fliegenpilz?

Ich bin seit über 10 Jahren im Bereich der Psychedelika aktiv und Pilze liefern da eine Bandbreite an Erfahrungsmöglichkeiten. Durch einen Burn-Out war ich damals in der Situation, mein Leben neu zu gestalten, da mich meine damalige Lebensweise regelrecht immer weiter von mir und meinem Kern entfernt hat. Ich bin einem Ideal hinterhergelaufen, welches ich nicht erfüllen konnte und irgendwann gemerkt habe, dass ich in dem Prozess meine körperlichen Bedürfnisse vernachlässigt habe.

Psychedelika haben mir in der Phase eine neue Ausrichtung gezeigt und ich konnte wieder Hoffnung schöpfen, dass es auch anders weiter gehen kann. Ohne die Hilfe der psychedelischen Pilze weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich heute noch am Leben wäre.

Die Heilpilze kamen als Unterstützung erst später hinzu. Ich habe vor 9 Jahren das Microdosing entdeckt, bei dem man eine Mikrodosierung psychedelischer Substanzen zu sich nimmt, die allerdings unter der Wahrnehmungsgrenze bleibt und man dadurch im Alltag nicht beeinflusst ist. Als Unterstützung wird der Hericium erinaceus empfohlen zu substituieren, da er nachgewiesenermaßen gesundheitsfördernde Eigenschaften mitbringt, die den Nervenwachstumsfaktor anregen. Somit hat man den Effekt, sowohl auf psychischer als auch auf physiologischer Ebene eine Veränderung zu befördern.

Ich habe innerhalb kurzer Zeit mein Burn-Out hinter mich lassen können und bin wieder in meine Mitte gekommen. Diese Erfahrung hat mich geprägt und ich war etwas erstaunt, dass weder psychedelische Pilze, als auch Heilpilze in Deutschland eine so untergeordnete Rolle spielen und habe mir dann Ende 2021 mit All about FUNGI die Aufgabe gemacht, das zu ändern. Die Welt der Pilze finde ich persönlich faszinierend und durch meinen YouTube-Kanal habe ich dann die Möglichkeit genutzt, mit Pilzexperten in Kontakt zu treten und meinen eigenen Wissensdurst zu stillen. So kam ich auch zu dem Fliegenpilzexperten Wolfgang Bauer.

Link zum Video: https://youtu.be/pU80Bw2Cf8o

Durch Wolfgang habe ich einen tiefen Einblick in die Welt des Fliegenpilzes bekommen und unter Begleitung von Schamanen und erfahrenen Konsumenten meine ersten eigenen Erfahrungen mit dem Fliegenpilz machen dürfen. Allerdings habe ich auch insbesondere im Austausch mit Experten gemerkt, dass der Pilz es durchaus in sich hat und mit Respekt zu genießen ist.

Dazu ein Austausch mit Gerti Schön: https://open.spotify.com/episode/6lVQ161HpRhh0EQsbuhanY?si=a2f955e543ec452f

Ist der Fliegenpilz für den Menschen giftig oder nicht?

Die Frage, ob der Fliegenpilz giftig ist, hängt vom Blickwinkel ab. Medizinisch betrachtet enthält der Pilz verschiedene Nervengifte, die eine Auswirkung auf das Nervensystem haben und daher klar als toxisch eingestuft werden müssen. Diese Stoffe sind in der roten Hutfarbe des Pilzes zu finden. Der Fliegenpilz entwickelt diese Stoffe allerdings nicht gleichmäßig, was ihn sehr unberechenbar macht.Wie auch bei Alkohol, der ebenfalls toxisch ist, macht die Menge das Gift.

Welche Stoffe machen den Fliegenpilz giftig?

Der Fliegenpilz enthält psychoaktive Alkaloide wie Ibotensäure, Muscimol und Muscarin, die für seine Giftigkeit verantwortlich sind.Diese Stoffe können komplexe Effekte auf den menschlichen Körper haben. Zum Beispiel führen Ibotensäure und Muscimol zu einer vorübergehenden Erregung, gefolgt von einer Dämpfung des zentralen Nervensystems, was ihre toxischen und halluzinogenen Eigenschaften erklärt. Besonders konzentriert finden sich diese Verbindungen in der auffällig roten Oberfläche des Pilzhutes. Muscarin, ein weiteres Gift dieser Pilzart, löst Symptome wie niedrigen Blutdruck, starkes Schwitzen und erhöhten Speichelfluss aus.

Wirkstoff

Ibotensäure

Muscimol

Muscarin

Auswirkungen

Wirkt als Agonist an NMDA-Rezeptoren, führt zu exzitotoxischen Effekten. Verursacht Halluzinationen, Verwirrung, Übelkeit, Erbrechen, Krämpfe und Delirium.

Wirkt als Agonist an GABA_A-Rezeptoren, führt zu sedierenden und hypnotischen Effekten. Verursacht Halluzinationen, Schläfrigkeit, Muskelentspannung.

Wirkt als Agonist an muskarinischen Acetylcholinrezeptoren. Kann schwere cholinerge Symptome verursachen: Speichelfluss, Schwitzen, Tränenfluss, Bradykardie.

Kann der Konsum sogar tödlich sein?

Es ranken sich viele Mythen um den Pilz und häufig wird behauptet, dass es keinen nachgewiesenen Todesfall gibt. Das ist allerdings nicht ganz richtig, denn es gibt einen dokumentierten Fall; Der eines 44-jährigen Mannes, der 6 bis 10 gefriergetrocknete Fliegenpilze konsumierte und nach einer Phase der Unansprechbarkeit und möglicher Krampfaktivität verstarb. Dieser Fall unterstreichen die potenzielle Gefahr des Pilzkonsums.

Wie wirkt der Fliegenpilz im Körper?

Negative Auswirkungen:

- Die Einnahme von Amanita muscaria kann zu Symptomen wie Magen-Darm-Störungen, einschließlich Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen führen.
- Die psychoaktiven Verbindungen können Neurotoxizität, Muskellähmungen, Krämpfe und Bewegungsverluste hervorrufen.
- Langfristige Auswirkungen können anhaltende Psychosen, eine veränderte Gehirnchemie und psychische Probleme sein.
- Eine versehentliche Intoxikation kann zu Hypotonie, Bradykardie oder Tachykardie führen und die Herzfunktion beeinträchtigen.
- Die toxischen Verbindungen können negative Auswirkungen auf die Gehirnchemie und die psychische Gesundheit haben.

Positive Auswirkungen:

- Es gibt anekdotische Berichte über positive psychologische und spirituelle Erfahrungen, die aber nicht empirisch bewiesen sind.

Langfristige Auswirkungen:

- Zu den langfristigen Folgen einer Vergiftung können anhaltende Symptome, eine veränderte Gehirnfunktion und mögliche psychische Probleme gehören.
- Der chronische Verzehr kann zu anhaltenden neurotoxischen Wirkungen führen, die die Gehirnchemie und die kognitiven Funktionen beeinträchtigen.
- Das Vorhandensein von toxischen Substanzen kann dauerhafte Auswirkungen auf den Körper haben und möglicherweise die kardiovaskuläre Gesundheit und andere physiologische Funktionen beeinträchtigen.

 

Frisch oder getrocknet – was ist gefährlicher?

Ein frischer Fliegenpilz enthält hauptsächlich Ibotensäure, die neurotoxische Wirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Halluzinationen hervorrufen kann. Diese Effekte können als gefährlicher empfunden werden, da sie potenziell schwerere körperliche Reaktionen auslösen.

Beim Trocknen des Pilzes wird ein Teil der Ibotensäure in Muscimol umgewandelt, welches starke psychoaktive Eigenschaften besitzt, die als weniger toxisch gelten. Die Gefahr beider Pilzformen hängt von der individuellen Wahrnehmung und der körperlichen Reaktion des Konsumenten ab.

Collage: ©Tanja Major

Amanita muscaria Fliegenpilz

Wie ist die Betrachtung des Fliegenpilzes aus kultureller und anekdotischer Perspektive?

Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Toxizität und den gesundheitlichen Risiken von Fliegenpilzen ist es ebenfalls wichtig, kulturelle und anekdotische Perspektiven nicht zu übersehen. Der Fliegenpilz spielt in vielen indigenen Kulturen und schamanischen Traditionen eine zentrale Rolle. Diese rituellen Anwendungen sind oft mit tiefgreifenden spirituellen Erfahrungen verbunden und prägen die kulturelle Identität dieser Gemeinschaften. Anekdotische Berichte von Menschen, die Fliegenpilze verwendet haben, bieten oft Einblicke in positive psychologische und spirituelle Erfahrungen. Diese Berichte sind wertvoll für ein umfassenderes Verständnis der möglichen Wirkungen des Pilzes und sollten empirisch geprüft werden.

Hier ein Erfahrungsbericht von Monique: https://youtu.be/gpuWcGW2WN0?si=SzjiOOH08GtFJz7m

Es ist ebenfalls wichtig, die kulturelle Akzeptanz und die Bedeutung der Spiritualität in verschiedenen Kulturen zu respektieren. Im westlichen, wissenschaftlich orientierten Kontext wird der Gebrauch von natürlichen Substanzen wie dem Fliegenpilz oft nicht vollständig anerkannt, was zeigt, wie wichtig es ist, verschiedene kulturelle Praktiken wertzuschätzen und zu verstehen.

Eine kritische Betrachtung der vorhandenen wissenschaftlichen Studien ist zudem unabdingbar, um die Methodik und die Aussagekraft der Ergebnisse genau zu analysieren. Da isolierte Wirkstoffe oft anders wirken als in ihrer natürlichen Form, besteht ein Bedarf an weiteren Untersuchungen, um ein vollständiges Bild der Risiken und potenziellen Nutzen zu erhalten. Ein offener Ansatz könnte zu einem tieferen Verständnis der Fliegenpilzverwendung beitragen und neue Perspektiven eröffnen.

Wissenschaftler zeigen Interesse an den Wirkstoffen des Fliegenpilzes, insbesondere Muscimol, um deren Wirkung auf das zentrale Nervensystem zu verstehen. Potenzielle therapeutische Anwendungen könnten in der Behandlung von Angststörungen und Schlafstörungen liegen. Dennoch ist Vorsicht geboten, da der Fliegenpilz aufgrund seiner Toxizität bisher keine anerkannte medizinische Verwendung gefunden hat.

Wie ist deine persönliche Zusammenfassung?

Der Fliegenpilz ist ein faszinierender, aber potenziell gefährlicher Pilz. Während er in vielen Kulturen eine wichtige Rolle spielt und positive Erfahrungen mit ihm berichtet werden, überwiegen aus Sicht der isolierten Betrachtung der Wirkstoffe die gesundheitlichen Risiken. Eine respektvolle und vorsichtige Annäherung an dieses Thema ist unerlässlich, um sowohl die kulturellen Traditionen zu würdigen als auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen.

Seit 2020 ist Andreas auch als Microdosing Coach tätig,

begleitet Menschen bei ihren psychedelischen Erfahrungen und klärt über seinen Podcast „Der Microdosing Podcast“ über den Umgang und die Risiken im Umgang dieser Substanzen auf. Hört doch mal rein!

Bitte schreibt uns eure Gedanken, Einstellungen und Erfahrungen zum Thema Fliegenpilz! Was verbindet euch mit dem Fliegenpilz?

SPENDE für MYKO Kitchen Blog

Möchtest du meine Arbeit am Blog honorieren, dann freue ich mich sehr über deine Unterstützung!

Für alle, die meine Energie wertschätzen und mich mit eine Paybal Spende zum Erhalt des Blogs direkt finanziell honorieren möchten,  klickt bitte hier auf den Pilz Button :

Quellenverzeichnis

 Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM). Pilz des Jahres 2022: Fliegenpilz. Verfügbar unter: https://www.dgfm-ev.de/pilz-des-jahres/2022-fliegenpilz, 19.09.24.

 Wolfgang Bauer. Fliegenpilz: Geheimnisvoll und heilsam – Eine kulturgeschichtliche Reise durch Religionen und Rauschkunde. Verfügbar unter: https://amzn.to/4heT1z2, 22.10.24.

Nakagawa, M., Tanaka, Y., Nawa, A., Minakata, A., Enomoto, Y., Koibuchi, T. Fly agaric (Amanita muscaria) poisoning cases and a review of its toxicity and mechanism of action at the neuromuscular junction. Verfügbar unter: https://www.jstage.jst.go.jp/article/biomedres/32/1/32_1_67/_article, 22.10.24.

Van den Bossche, E., Vanhee, L., De Letter, E., Verstraete, K. Amanita muscaria (Fliegenpilz) Vergiftung: Ein Fallbericht und Übersicht. Verfügbar unter: https://www.ejcrim.com/index.php/EJCRIM/article/view/2212

Bilichenko, G. S., Novikov, S. V. Amanita muscaria (L.) Lam. in Sibirien: traditionelle Nutzung, psychoaktive Verbindungen und Verwechslungen mit Arten der Sektion Caesareae (Fr.) Quélet. Verfügbar unter: https://pharmacia.pensoft.net/article/56112/

Abdul Manan, M. A. F., Cordes, D. B., Slawin, A. M. Z., Bühl, M., Liao, V. W. Y., Chua, H. C., Chebib, M., O'Hagan, D. The Synthesis and Evaluation of Fluoro-, Trifluoromethyl-, and Iodomuscimols as GABA Agonists. Verfügbar unter: https://chemistry-europe.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/chem.201701443

Meisel, E.M., Morgan, B., Schwartz, M., Kazzi, Z., Cetin, H. und Sahin, A. (2022) 'Two Cases of Severe Amanita muscaria Poisoning Including a Fatality', Wilderness & Environmental Medicine, 33(4), S. 412–416. DOI: 10.1016/j.wem.2022.06.002.

Rampolli, F.I., Kamler, P., Carnevale Carlino, C. und Bedussi, F. (2021) 'The Deceptive Mushroom: Accidental Amanita muscaria Poisoning', European Journal of Case Reports in Internal Medicine, 8(2), S. 1–4. DOI: 10.12890/2021_002460.

Ordak, M., Galazka, A., Nasierowski, T., Muszynska, E. und Bujalska-Zadrozny, M. (2023) 'Reasons, Form of Ingestion and Side Effects Associated with Consumption of Amanita muscaria', Toxics, 11(4), S. 1–13. DOI: 10.3390/toxics11040383.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert