Hexenei & Stinkmorchel – Phallus impudicus

Das Hexenei

ist das Jungstadium der Stinkmorchel.

Bevor sich der Pilz der Länge nach entfaltet, wächst es als kugelige Knolle heran, die von einer gallertartigen Masse umgeben ist, die wiederum von einer weißen Haut überzogen ist. Durch einen Myzelstrang, der wie eine Wurzel aussieht, ist das Hexenei mit dem Myzelgeflecht im Boden verbunden. Die Kugel, aber auch die Rute des Fruchtkörpers eignen sich als Speisepilz. Dazu die Kugel einfach schälen und roh verzehren, der innere Kern schmeckt etwas nach Kohlrabi oder Rettich.
Wenn der runde Fruchtkörper, das Hexenei ein bestimmtes Entwicklungsstadium erreicht hat, bricht seine Schale auf - und das zweite Stadium der Entwicklung des Gemeinen Stinkmorchels beginnt. Aus dem Hexenei wächst, dank der Wasserreserve in der Gallertschicht, der etwa 25 cm lange und circa 3 cm breite, weiße styroporartigen Stiel mit dem Hut heraus. Der hut ist wabenartig struktiriert und produziert eine klebrige Sporenmasse mit einem übelriechenden Geruch nach Aas .

Ihr könnt das auch Zuhause beobachen: Einfach in ein Glas ganz wenig Wasser füllen und das Ei mit dem Myzelstrang nach unten in das Glas stellen. In der Wärme wachst ganz schnell der Stiel raus!

Hexenei
Hexenei

Hexeneier sind leicht zu unterscheiden,

Vergewissere dich vor dem Verzehr, dass du es tatsächlich mit den richtigen "Eiern" zu tun hast, denn die Eier von Knollenblätterpilze ( wie Amanita phalloides) können den unerfahrenen Sammler verwirren und das könnte tödlich ausgehen. Eigentlich sind sie leicht zu unterscheiden, da das Ei der Stinkmorchel immer mit Gelee und einer grünen Sporenmasse gefüllt ist.
Die Eier können roh gegessen werden, eingeweckt, eingefroren, in Scheiben getrocknet (und/oder in Wodka eingelegt) oder zu Pulver zermahlen. In Japan werden sie frisch gewürfelt und in Nudelsuppen und Eintöpfe gereicht.
Viele Stinkmorchel Arten gelten als essbar und werden manchmal im Ei-Stadium für kulinarische Zwecke verwendet (Bessette et al. 2007). Eine Ausnahme bildet der Säulenförmige Stinkmorchel Clathrus columnatus, da es Berichte über Vergiftungen nach dem Verzehr des Pilzes durch Schweine gibt (Bessette et al. 2007). Hier könnt ihr euch informieren, welche Pilze bei uns als essbar gelten

https://www.dgfm-ev.de/pilzesammeln-und-vergiftungen/speisepilze?name=Positivliste-Speisepilze_20240121.pdf&reattachment=ea4c697403712b7146e6f70b4b6fd960

Delikatesse??

Auch der gereinigte Stiel der Stinkmorchel wird in Asien frittiert und als Suppeneinlage verwendet.
Zu diesem Zweck wird ein verwandter Pilz, der Schleierling Phallus indusiatus, seit ca. 1979 kultiviert in China (in den Bezirken Fuan, Jianou und Ningde), dessen weißer, grobmaschiger Schleier mehrere Zentimeter unter dem Hut hervorragt.
Die Seltenheit des Pilzes führte dazu, dass er früher meist nur zu besonderen Anlässen gegessen wurde. Zur Zeit der chinesischen Qing-Dynastie wurde die Art in der Provinz Yunnan gesammelt und an die kaiserlichen Paläste geschickt, um den Appetit der Kaiserinwitwe Cixi zu stillen, die besonders gerne Pilzgerichte aß. Er war eine der acht Hauptzutaten der "Vogelnest-Acht-Unsterblichen-Suppe", die bei einem Bankett zu ihrem 60. Geburtstag serviert wurde. Dieses Gericht, das von den Nachkommen der Konfuzius-Familie bei Feierlichkeiten und Langlebigkeitsbanketten serviert wurde, enthielt Zutaten, die "allesamt kostbare Lebensmittel, Delikatessen vom Land und aus dem Meer, frisch, zart und knusprig, angemessen süß und salzig" waren.

Eine Quelle schreibt über den Pilz: "Er hat eine feine und zarte Textur, duftet und ist attraktiv, schön in der Form, frisch und knusprig im Geschmack."Der getrocknete Pilz, wird häufig auf asiatischen Märkten verkauft  wird zubereitet. Dann für die Zubereitung in Wasser eingeweicht und gekocht bis er weich ist. Manchmal wird er in Pfannengerichten verwendet, traditionell wird er als Bestandteil von reichhaltigen Hühnersuppen verwendet. Der Pilzstiel kann auch gefüllt und gekocht werden.

Der Pilz wird auf landwirtschaftlichen Abfällen - Bambusabfällen (wie Bambusblätter und kleine Stängel, Sojabohnenschoten oder -stängel, Maisstängel und Weidenblätter) und Sägemehl - gezüchtet, die mit einer dünnen Schicht nicht sterilisierter Erde bedeckt sind. Mehr hier:

https://www.lei.dlo.nl/leichina/files/d50cde8fcbc78dc42a68700b96b10ee0.pdf

 

Hexenei

ROH oder KNUSPRIG

Die Hexeneier haben eine feste Konsistenz, und man kann Sie roh verzehren, oder im Salat mit Viaigrette.
Der Geschmack des Hexeneis ist so besonders, vorausgesetzt, man hat Spaß an ungewöhnlichen kulinarischen Entdeckungen. Das Hexenei schmeckt mild und kaum nach dem, was man gerne als “pilzig” beschreibt. Es erinnert im Aroma ganz leicht an Kohlrabi mit dezenter Süße und etwas Erdigkeit.

Beim Braten ist es gut, wenn man Ihn sehr knusprig in der Pfanne rausbrät und gut würzt. Sonst hat er wenig Aroma. Dazu schälen, und einfach in dünne Scheiben schneiden, in Butter goldbraun braten und nur mit etwas Bergsalz bestreut genießen.

Oder ein Knusper - Rezept  aus dem Backofen
für 4-5 Hexeneier:

1 EL Sonnenblumenöl
1 EL Tamarisauce
1/2 TL Agavensirup
Salz
etwas Shichimi togarashi ( japanische Gewürzmischung mit Sesam, Chili...)
1TL Sesam

 

 

 

 

Die Kugeln schälen, dazu muss man allerdings die weisse Haut und die Glibberschicht entfernen. Die Glibberschicht verwenden viele als Aloe Vera Ersatz, also Gel für die Haut! Die zwar an den Fingern klebt, sich aber erstaunlich leicht vom innern Kern lösen lässt. Dann kommt es darauf an, ob man auf die Sporenmasse auch noch verzichten möchte, viele entfernen die?
Ich verwende also den olivgrünen und den weißen Teil, siehe Foto, und schneide beides in dünne Scheiben.

Backofen auf 180°C Umluft vorheizen. Alle Zutaten in einer Schüssel gut vermengen und und die Pilzscheiben darin marinieren.
Auf ein Blech mit Backpapier ausgelegt, die Pilzscheiben verteilen und im heissem Ofen ca. 10-15 Minuten backen bis Sie braun werden. Vorsicht, das Sie nicht schwarz werden, sonst wird es bitter!

Als Snack geniessen!

 

 

 

Stinkmorchel ist Pilz des Jahres 2020 von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) gekürt worden

Ausgewachsene Exemplare der Stinkmorcheln versprühen einen aas-artigen Geruch, der viele Meter entfernt noch wahrzunehmen ist. Langsam dringt die olivbraune Sporenmasse hervor, die den Hut im reifen Stadium umgibt. Sie zieht durch ihren Geruch Insekten: wie Fliegen, Wanzen und Mistkäfer an, die somit die Sporen verbreiten. Die reifen Fruchtkörper können im Wald schon aus großer Entfernung gerochen werden, und aus der Nähe empfinden die meisten Menschen den süßlichen Gestank als äußerst abstoßend. Die Gleba ( ist die Fruchtmasse in der die Sporen gebildet werden) ist olivgrün bis schwarzgrün, schleimig und strömt einen intensiven Aasgeruch aus, wodurch Fliegen und andere Insekten wie Mistkäfer angelockt werden. Eine österreichische Studie zeigte, dass Schmeißfliegen (Arten Calliphora vicina, Lucilia caesar, Lucilia ampullacea und Dryomyza anilis) sich ebenfalls vom Schleim ernähren und kurz nach dem Verlassen des Fruchtkörpers flüssigen Kot absetzen, der eine dichte Suspension von Sporen enthält. So landen dann die Sporen auf dem Dung oder Aas, das die Fliege aufsucht.
Die Studie zeigte auch, dass Käfer (Oeceoptoma thoracica und Meligethes viridescens) von dem Pilz angezogen werden, aber offenbar weniger an der Sporenverbreitung beteiligt sind, da sie sich eher vom Hyphengewebe des Fruchtkörpers ernähren.

 

 

Stinkmorchel
Stinkmorchel

Die Gemeine Stinkmorchel

kommt in Fichtenwäldern, Buchen- und Buchentannenwäldern, Eichen-Hainbuchenwäldern, Auwäldern und Erlenbruchwäldern vor. Daneben wird sie auch in Gebüschen und Parkanlagen gefunden.

"Du wirst sie riechen, bevor du sie siehst"

Ihre Fruchtkörper erscheinen in Mitteleuropa vom Frühsommer bis zum Herbst.
Sie kommt auch in Nordamerikas vor und wurde auch in Asien, einschließlich China,Taiwan, und Indien, Costa Rica,Island, Tansania, Irand, Schottland, Skandinavien und Südostaustralien schon gefunden. In Nordamerika ist er westlich des Mississippi am häufigsten anzutreffen; die Ravenel's Stinkmorchel (Phallus ravenelii mit einem nicht so netzartigen Hut) ist im Osten häufiger, wie auch die sehr ähnlichen P. hadriani die sich durch dessen violett gefärbte Vulva unterscheidet.

Mythologie und Symbolik

Der italienische Naturforscher Ulisse Aldrovandi beschrieb den Pilz 1560 unter dem Namen fungus priapeus und stellte ihn in seiner Serie von Aquarelltafeln mit dem Titel teatro della natura ("Theater der Natur" 1560-1590) dar.
Im Jahr 1597 bezeichnete der Kräuterkundler John Gerard den Stinkmorchel als ‘prike mushroom, während der Pilz im Volksmund auch unter stinkhorn oder  ‘deadman’s cock’ "Totenschwanz" genannt wurde.

Galt auch als  "die Klaue des Penis eines Mannes" - fungus virilis penis effigie

John Parkinson nannte ihn in seinem Theatrum botanicum von 1640 "Hollanders workingtoole" oder "phallus hollandicus".
1753 beschrieb ihn Linnaeus in seiner Species Plantarum, und er trägt immer noch seinen ursprünglichen binomialen Namen.
Charles Darwins Enkelin Gwen Raverat behauptete 1952 in ihren Memoiren Period Piece, dass ihre Tante Hetty - Darwins Tochter Henrietta - Stinkhörner aus dem Wald sammelte mit einem Korb und einem spitzen Stock bewaffnet und mit einem speziellen Jagdmantel und Handschuhen bekleidet, schnüffelte sie sich durch den Wald. Hielt hier und da inne und zuckte mit den Nasenlöchern, wenn sie ihre Beute witterte; dann stürzte sie sich mit einem tödlichen Sprung auf ihr Opfer und stieß dessen fauligen Kadaver in ihren Korb. Am Ende des Tages brachte man den Fang zurück und verbrannte ihn in aller Heimlichkeit bei verschlossener Tür auf dem Feuer im Salon, um die Moral der Mägde nicht zu gefährden und die Dienstmädchen zu schützen.

In Thomas Manns Roman "Der Zauberberg" hält der Psychologe Dr. Krokowski einen Vortrag über den Phallus impudicus:

Und Dr. Krokowski hatte von einem Pilz gesprochen, der seit dem Altertum wegen seiner Form und der ihm zugeschriebenen Kräfte berühmt war - einer Morchel, deren lateinischer Name auf das Adjektiv impudicus endet, deren Form an die Liebe und deren Geruch an den Tod erinnert. Denn der Geruch, den die Morchel verströmte, erinnerte frappierend an den einer verwesenden Leiche. Der Geruch stammte von einem grünlichen, zähflüssigen Schleim, der ihre Sporen trug und aus dem glockenförmigen Hut tropfte. Und noch heute gilt die Morchel unter Ungebildeten als Aphrodisiakum.

In Nordmontenegro reiben die Bauern vor Stierkämpfen die Hälse der Stiere mit Phallus impudicus ein, um sie stärker zu machen. Sie werden auch an junge Stiere verfüttert, da sie als starkes Aphrodisiakum gelten.
Im Mittelalter wurde sie als Heilmittel für Gicht und als Liebestrank verwendet.
Im Jahr 1777 schrieb der Reverend John Lightfoot, dass die Thüringer die ungeöffneten Stinkhörner "Geister- oder Dämoneneier" nannten, sie trockneten und pulverisierten, bevor sie sie als Aphrodisiakum in Spirituosen mischten.

Da die Stinkmorchel nicht selten auf Grabhügeln wächst, ranken sich im Volksglauben einige unheimliche Geschichten um diesen Pilz. Wuchs auf einem Grab eine Stinkmorchel, so glaubte man, der darunter liegende Tote sei an einem ungesühnten Verbrechen gestorben und wolle mit dem Pilz vor einem ähnlichen Schicksal warnen. Ohne Sporenmasse bleibt ein weißes Gebilde zurück, das im Volksmund „Totenfinger“ genannt wird.

weitere volkstümliche Namen sind
: Gichtmorchel, Teufelsei, Leichenfinger, Pfurzglocke, Satyrpuant, Stinkschwamm, Aasmorchel

https://en.wikipedia.org/wiki/Phallus_impudicus#cite_note-Andersson1989-29

Heilwirkung

Eine Forschungsstudie deutet darauf hin, dass Extrakte aus P. impudicus das Risiko der Erkrankung venöse Thrombose verringern können, indem sie die Häufigkeit der Thrombozytenaggregation reduzieren, und dass sie möglicherweise als unterstützende präventive Ernährung dienen können.
Venöse Thrombose, die Bildung eines Blutgerinnsels in einer Vene, ist eine häufige Todesursache bei Brustkrebspatientinnen; Patientinnen mit rezidivierender Erkrankung erhalten in der Regel lebenslang gerinnungshemmende Medikamente.

Hier könnt ihr dazu nachlesen:

https://www.thebreastonline.com/article/S0960-9776(07)70211-4/abstract

Die gallertartige Masse im Hexenei, wird gerne als Feuchtigkeitsgel für die Handpflege und Haut benützt.

Das Hexenei des Phallus impudicus

von Margit Farwig©

Ein Ei, ins Moos gelegt, wer hier Gedanken hegt
es stimme etwas nicht, ihm gehe auf ein Licht
es leuchtet hell und rein, bestrahlt vom Mondenschein
auch Sonnenstrahlen zieh'n am Tag darüber hin

noch ohne Düfte weilt, auch nicht so sehr es eilt
in Wochen wächst es ran, vergrößert sich sodann
ihm bildet sich ein Stamm, nimmt zu an Höhe stramm
gewiss kann man nun seh'n, hier ist etwas gescheh'n

im Augenblick es schmeckt, bevor sich's luftig reckt
ein Stinkmorchel beginnt, aus allen Poren rinnt
der Fliegen liebstes Mahl, der Nase sehr zur Qual
will "duften" weit und breit, man wünscht, es hätt' geschneit

hier ruft laut der Kenner, geh' mir weg, di kenn' mer
er hat die Zeit vertan, nimmt andre Pilze dran
die köstlich riechen und, erwartungsvoll sein Mund
verschlingt das Mahl sobald und denkt, schön ist der Wald

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