Biologin Julia Kruse tätig in Bad Dürkheim als Botanikerin.
Julia Kruse ist zuständig für die Verwaltung, Pflege und Ausbau der botanischen und auch mykologischen Sammlung, Ausstellungskonzeption und Öffentlichkeitsarbeit im Pfalzmuseum für Naturkunde.
Phytoparasitische Kleinpilze,
wie entstand das Interesse für dieses Gebiet?
Den „Tick“ mit den Kleinpilzen habe ich bereits in frühen Jahren entwickelt. Es fing im Alter von etwa 7 Jahren mit dem Interesse an der Pflanzenwelt an, und vertiefte sich über die Jahre immer weiter, bis ich mich erst für das Thema Pilze interessierte, und seit Ende 2006 dann nach dem Auffinden von einem Pflanzenparasiten diese Nische sehr interessant fand. Mittlerweile bestimme ich nur noch selten Großpilze, aber umso mehr Pflanzen und Pilze auf diesen.
Während ich im Biologie Studium Grundlagen beigebracht bekam, hatte ich kaum die Möglichkeit mich auf das Thema der Kleinpilze zu spezialisieren. Das kam erst mit der Promotion, bei der ich mich intensiv mit der Gruppe der Brandpilze (Ustilaginomycotina) beschäftigte. Eine darauf folgende Postdoktorandenstelle am Herbarium in Brisbane (Australien) gab mir für ein weiteres Jahr die Möglichkeit wissenschaftlich im Bereich der Pflanzenparasiten zu arbeiten.
Mittlerweile habe ich mich in diesem Bereich relativ gut eingenischt und zahlreiche Kontakte weltweit geknüpft. Während ich am Pfalzmuseum natürlich breit aufgestellt bin und mich lange nicht nur den Kleinpilzen widmen kann, mache ich dies vor allem weiter im privaten Bereich - als Hobby, wenn man so möchte. Ich bin weiterhin ehrenamtlich hier und da im Labor in Senckenberg in Frankfurt um interessante Funde von mir, und auch anderen, mit molekularen Methoden zu untersuchen. Die Ergebnisse publiziere ich dann zusammen mit verschiedenen Wissenschaftlern.
Kürzlich bei einem Fund der Kartäuser-Nelke entdeckte ich, dass die Staubbeutel verändert aussahen, violett geschwollen pudrig. Meine Nachforschungen brachten mich zu Microbotryum dianthorum, was für ein Pilz ist das?
Die Nelken-Blütenbrände (Microbotryum dianthorum agg.) gehören zu den Rostpilzen (Pucciniomycotina). Der Name Brandpilz mag in diesem Zusammenhang irritieren – aber da die Blüten wie verbrannt aussehen, kam der Name zustande. Weiterhin hat man viele Jahre lang geglaubt, dass es sich bei dieser Pilzgruppe tatsächlich um Brandpilze handelt. Verwandtschaftlich gesehen sind sie aber näher mit den Rostpilzen verwandt, als mit den Brandpilzen. Die ganze Gruppe der Antherenbrände, Microbotryum-Arten, hat Nischen auf verschiedensten Wirtspflanzen gefunden. In älterer Literatur findet man diese Blütenbrände oftmals unter Microbotryum violaceum zusammengefasst. Früher dachte man, dass alles das gleiche sei. Der Befall auf Lichtnelke, Sternmiere oder eben auch Nelke. Mittlerweile weiß man, dass es sich um verschiedene Arten handelt. Aber dennoch besteht in dem Gebiet noch viel Forschungsbedarf.
Rostpilze ernähren sich, wie auch andere pflanzenparasitische Pilze, von lebendem Pflanzengewebe. In diesem Fall sitzt der Pilz in den Staubbeuteln der Wirtspflanze und färbt diese durch seine Sporenmasse violettbraun. Der Pilz verbreitet sich über die Sporenmasse mittels Wind oder Insekten, an deren Körper die Sporen haften bleiben können. Die befallenen Pflanzen sind in der Regel steril und können meist keine Nachkommen mehr bilden. Dennoch kann es sein, dass einzelne Blüten nur halb oder gar nicht befallen sind. Zum Absterben bringt der Pilz seinen Wirt in der Regel nicht. Pflanzenparasitische Kleinpilze benötigen lebendes Pflanzengewebe. Würden sie ihren Wirt töten, wäre das in Konsequenz auch das Todesurteil für den Pilz.
Dieser Antherenbrand ist in Deutschland heimisch. Er befällt zahlreiche verschiedene Nelken Arten. Molekulargenetische Studien haben Variationen zwischen den Sequenzen zahlreicher Antherenbrand Proben von verschiedenen Wirten gezeigt. Dennoch ist es bisher noch nicht zufriedenstellend gelungen, mehrere Arten aus dieser Art auszugliedern. Es fehlt an zusätzlichen Merkmalen die Arten zu trennen. Je nach dem welchem Autor man folgt, kann man aus den Nelken-Blütenbränden z.B. eine Art ausklammern, welche auf der Pracht-Nelke (Dianthus superbus) vorkommt. Allerdings sind nicht alle Sequenzen identisch und manche von diesem Wirt gehören dann doch wieder zu Microbotryum dianthorum. Deswegen ist es besser, hier einfach von Microbotryum dianthorum agg., also einer Artengruppe zu sprechen.
Wenn man mit offenen Augen durch die Natur geht, dann kann man sicherlich auch selber einmal so einen Antherenbrand finden.
Microbotryum dianthorum kommt in Deutschland vor allem auf der Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum) und der Heide-Nelke (Dianthus deltoides) vor. Es gibt auch verbrannt aussehende Blüten auf Wasserdarm (Stellaria aquatica) und Großer Sternmiere (Stellaria holostea), die von dem Pilz Microbotryum stellariae befallen werden. Der Microbotryum lychnidis-dioicae auf der Weißen Lichtnelke (Silene latifolia ssp. alba). Ausserdem Microbotryum saponariae auf dem Gewöhnlichen Seifenkraut (Saponaria officinalis), dies sind nur die häufigsten Arten.
Blüte mit Brandpilz
Hier seht Ihr diesen kleinen Brandpilz Microbotryum dianthorum s. l. auf den Staubbeuteln der Prachtnelke (Dianthus superbus ) entdeckt bei Murnau, Berggeist am 20.Juni 2021
Befällt der Antherenbrand auch Nelkenarten im Garten oder sind die resistent gezüchtet?
Es gibt ja verschiedenste Nelkenarten die kultiviert werden. Viele von ihnen sind in Deutschland nicht heimisch, andere Arten wiederum sind lediglich kultivierte Formen von den bei uns in Deutschland in der Natur vorkommenden Arten. Letztere werden eher von dem Antherenbrand befallen, da der Pilz diesen Wirt bereits kennt. Resistenter sind die Gartenpflanzen nicht unbedingt.
Mehltaupilze werden in den Gärten bekämpft, oder könnte man das auch der Insektenwelt überlassen?
Es gibt bestimmte Käfer, die sich von Pflanzenparasiten ernähren. Manche Arten leben zum Beispiel ausschließlich von diesen. Als gutes Beispiel dient hier der Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer oder Pilz-Marienkäfer (Psyllobora vigintiduopunctata). Es handelt sich hierbei um einen relativ kleinen Marienkäfer, der nicht rot orange mit schwarzen Punkten gefärbt ist, sondern gelb mit schwarzen Punkten. Dieser ernährt sich im Käfer-, sowie auch im Larvenstadium ausschließlich von Echten Mehltaupilzen. Man findet diese Marienkäfer deswegen auch immer auf Pflanzen die mit Mehltau befallen sind. Im Garten werden sie als Nützlinge angesehen, da sie mit ihren Mundwerkzeugen das Myzel vom Echten Mehltaupilz von der Oberfläche der Pflanzen ab raspeln. Man kann oftmals Fraßspuren von ihnen im Myzel der Pflanzen erkennen.
Die Forschung an Phytoparsitischen Kleinpilze ist für die Landwirtschaft erforderlich? Arbeitest du in diesen Bereichen?
Forschung im Bereich Landwirtschaft habe ich bisher nur wenig betrieben. Ab und an bekomme ich mal Anfragen von landwirtschaftlichen Betrieben mit Bitte um Bestimmung. Weiterhin habe ich mehrere Jahre neben meinem Studium für eine Saatgutfirma Pilze bestimmt, die deren Ernte beeinträchtigen und Hinweise zur Bekämpfung gegeben.
Deine Website ist ein informativer Leitfaden für Menschen, die mehr über ihre Pflanzen im Garten wissen möchten, wie hat sich das entwickelt?
Meine Website entstand vor allem aus der Motivation heraus, Anfängern zu ermöglichen, besser mit der auf dem Markt vorhanden Literatur umzugehen. Dabei ist mir die Nachwuchsförderung sehr wichtig.
Das Problem ist, man sieht nur das was man kennt. Wenn etwas im Text steht, ist es oftmals schwer nachzuvollziehen, wie es aussehen soll. Also fehlen Fotos. Fotos habe ich seit ich eine Digitalkamera besitze zahlreiche gemacht – von Pflanzen, Tieren und Pilzen. Nun hat mir die Website die Möglichkeit geboten diese ganzen Fotos mit anderen zu teilen und für andere nutzbar zu machen. Natürlich habe ich im Laufe der Zeit zahlreiche Pilze gefunden und auch fotografiert. Das ist einer der Gründe warum sich die Website immer noch im Aufbau befindet. Und sie wird sich auch noch viele weitere Jahre in dem Zustand befinden, denn jedes Jahr finde ich neue spannende Pflanzenparasiten, die ich bisher noch nicht gesehen habe.
Weiterhin dient die Website als schöne Ergänzung zu meinem Buch „Faszinierende Pflanzenpilze“was ich kürzlich fertig gestellt habe, denn im Buch fehlen ja mit Absicht die Fotos von mikroskopischen Merkmalen. Diese kann man dann auf der Website nachsehen.
Website und Buch kombiniert sollen Anfängern helfen, sich in diese Materie einzuarbeiten.
Danke! Das Buch kommt auf den Gabentisch. Wieso ist das Leben so kurz, wo es doch noch soviel zu entdecken gibt?
Uli