Fistulina hepatica
Ein Pilz, der mich immer wieder fasziniert: Im Jungstadium sieht der Fruchtkörper wie ein orange-rötliches, getupftes Polster aus. Leicht rundlich wächst er direkt am Baumstamm heraus, erst später flacht er ab und breitet sich aus. Schon der Name beschreibt sein Aussehen treffend - die Ochsenzunge oder Zungenpilz (Oak-tongue, Langue de boeuf, Oxtungsvamp).
Die Oberfläche ist bei sehr jungen Exemplaren leuchtend orange bis blutrot und nimmt später eine dunkelrotbraune Farbe an, weshalb der Pilz auch Leberpilz (hepaticus) genannt wird. Die Fruchtschicht an der Unterseite besteht aus sehr kleinen, 10–15 mm langen und nicht miteinander verwachsenen, also frei stehenden zylindrischen Röhrchen, die sich bei Reife sternförmig öffnen. Unbedingt solltet ihr das mal mit einer Lupe anschauen.
Verblüffend ist die Ähnlichkeit der Konsistenz, die vergleichbar ist mit Fleisch oder Thunfischsteaks. Beim Durchschneiden tritt reichlich roter Saft aus, zumindest bei jungen Fruchtkörpern, was auch etwas an Blut erinnert.
In den Röhrchen an der Unterseite des Fruchtkörpers werden hellbraune Sporen gebildet, die später durch den Wind oder Tiere weiterverbreitet werden. Er ist ein ungewöhnlicher Baumpilz, der in der Ordnung der Blätterpilze (Agaricales) klassifiziert ist und häufig in Großbritannien und dem Rest Europas vorkommt. Er ist aber auch in Nordamerika, Australien, Nordafrika und Südafrika zu finden.
Der rohe Genuss,
macht diesen Pilz zu einer interessanten Delikatesse. Sein sehr milder, angenehm fruchtig-säuerlicher Geschmack und der leichte Biss machen ihn besonders reizvoll. Beim Braten erinnert mich seine schmackhafte Textur und Festigkeit an gekochte Kirschen.
Der Pilz baut im Wirt das gerbstoffhaltige Kernholz ab, das Tannine enthält. Diese Tannine spiegeln sich im Geschmack wider, ähnlich wie bei Wein, der in Holzfässern gelagert wurde, was sich jedoch beim Garen abmildert.
Wer die Gerbstoffe etwas reduzieren möchte, kann den Pilz vor der Zubereitung wässern oder kurz blanchieren. Einige empfehlen auch, Pilzscheiben über Nacht in Milch einzuweichen. Das habe ich nicht getestet, da ich keine Milch trinke.
Diese Methoden können aber helfen, den intensiven Geschmack abzuschwächen und die Vielseitigkeit des Pilzes in der Küche zu erhöhen. Oft wird er gerne roh verspeist, als Tartar, Carpaccio oder auch als Sashimi mit Wasabi, zu gekochtem Sushi-Reis und eingelegtem Ingwer serviert.
Im englischen Sprachraum
wird er als "poor man's beefsteak" (Arme-Leute-Steak), "Beefsteak-Polypor" oder "Beefsteak Fungus" bezeichnet. Anscheinend wurde er früher in den Wäldern reichlich gefunden und diente gebraten als Fleischersatz. In der Türkei heißt der Pilz Biftek Mantarı und in den Niederlanden Biefstukzwam.
Nach J.Guthmann enthält der Pilz viele wichtige Inhaltsstoffe
die antioxidativ wirken und schädliche frei Radikale neutralisieren können. Darunter reichlich Vitamin C, Flavonide, Hydroxyzimtsäuren uvm.
Er schmeckt säuerlich, was auf seinen hohen Gehalt an organischen Säuren wie Zitronensäure und Apfelsäure zurückzuführen ist. Der Fruchtkörper zeigen eine erhebliche Konzentration (etwa 280 mg/100 g Trockengewicht) an L-Ascorbat (Vitamin C), eine Studie dazu findet ihr hier:
https://www.jstage.jst.go.jp/article/msb/30/2/30_85/_pdf/-char/ja
Der Leberreischling ist ein Schwächeparasit (Xylobiont). Hat er sich einen Baum als Wirt ausgesucht wie z.B.: Eiche oder Edelkastanie, zersetzt er das Holz und bekommt dadurch eine intensive braunrote Färbung, die als Hartröte oder Schokoladenholz bezeichnet wird.
Das Kernholz des Parasiten ist bei Möbelhersteller sehr geschätzt zur Intarsienverarbeitung oder Furnierherstellung. Ist es jedoch bereits zur braunfäulebedingten Holzzersetzung gekommen, ist das Holz nicht mehr verwertbar und zerfällt in Würfelbruch.
Die Ochsenzunge ist hier nicht mehr so häufig zu finden, daher bitte nur wenige kleine frische Stücke zum testen sammeln. Alte Exemplare sind zu sauer, zäh und sollten deshalb im Wald bleiben!
Ausserdem sind die Gerbstoffe nicht leicht verdaulich und er sollte nur in kleinen Mengen genossen werden.
Interessant ist es, dass es mittlerweile Möglichkeiten entdeckt wurden den Pilz auch anzubauen und über Mycelinarium können Flüssigkulturen bestellt werden. Der Pilz kann auf Hartholzstämmen angebaut werden, am besten auf Eichen. Die Stämme werden von allen Seiten angebohrt, und entweder mit beimpfter Körnerbrut oder Dübelbrut bestückt. Dann werden sie teilweise in den Boden eingegraben und gegen Austrocknung abgedeckt. Die Stämme können bei bei Temperaturen von 10-30°C Fruchtkörper tragen. Habt ihr das schon getestet?
Relish
Zutaten
200g Leberreischling
1 Zwiebeln
2 cm Kurkumawurzel
je 1EL gelber und schwarzer Senfsaat
1TL Salz
60ml Essig
60g Vollrohrzucker
10 Zimtblüten
etwas Chili oder Pfeffer
etwas Wasser
Den Leberreischling vielleicht etwas mit einem Pinsel säubern und in kleine Würfel schneiden. Wer mag kann die Röhrenschicht entfernen.
Die Zwiebel schälen und die Kurkumawurzel ( ungeschält) klein würfeln.
Alle Zutaten und die Gewürze, etwas Wasser in einem Topf geben und ca. 10-15 Minuten köcheln lassen. Immer etwas umrühren das, das Relish nicht anbrennt und sämig einköcheln. Dann heiß in sterilisierte Gläser füllen, ohne zu kläckern und schnell verschliessen. Ich drehe die Gläser dann immer kopfüber und lasse Sie so auskühlen.
Das Relish könnt ihr zu Gegrilltem, Hot Dog, Käse, Reis- und Eiergerichten servieren!
Ich habe es einfach auf Brot serviert, das Rezept findet ihr hier!
Ochsenzungen - Sushi
Zutaten:
200 g Sushireis
2 EL Mirin oder Genmai Su Sauce
1 TL Birkenzucker
1 TL Bergsalz
Nori-Algenblätter
Wasabipaste
ca. 100g Streifen vom Leberreischling (roh oder gebraten)
Schnittlauch fein geschnitten
Sojasauce und eingelegter Ingwer
Den Reis in einem Sieb gründlich mit kaltem Wasser waschen. Mit ca. 250 ml Wasser in einem Topf geben und zum Kochen bringen. Mit einem Deckel verschließen und auf kleiner Flamme 10 Minuten quellen lassen, bis er das gesamte Wasser aufgenommen hat. Vom Herd nehmen und zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen. Den Reis mit einem Holzspatel vorsichtig wenden und in eine Schüssel füllen.
Mit Mirin, Zucker und Salz abschmecken und abkühlen lassen.
Noriblätter mit einem scharfem Messer halbieren. Ein halbes Nori-Algenblatt auf eine Sushimatte legen. Den Reis darauf dünn verteilen, einen 1 cm Blätterrand stehen lassen.
Mit etwas Wasabipaste in der Mitte bestreichen und darauf Pilzstreifen legen. Vom Körper weg fest aufrollen und dabei die Zutaten mit den Fingern im Innern halten. Die Rolle mit einem sehr scharfen Messer in mundgerechte Stücke schneiden.
Mit Schnittlauch, eingelegtem Ingwer und Sojasauce servieren. Wer es schärfer mag, kann etwas Wasabi in die Sojasauce rühren.
Der Eichen-Leberreischling hat nahezu eine kosmopolitische Verbreitung
und kommt in Europa bevorzugt in thermophilen Laubmischwäldern vor, besonders auf kalkhaltigen Böden. Sein Verbreitungsgebiet folgt dem der Quercus-Arten.
In Deutschland variiert das Vorkommen regional, da aufgrund der rückläufigen Fläche naturnaher Eichenwälder, sowie in Parks werden kranke Bäume und Totholz – die Wirte des Eichen-Leberreischlings – entfernt. Wodurch eine Gefährdung der Art anzunehmen ist. Auch in verschiedenen anderen europäischen Ländern gilt die Art als selten.
Außerhalb Europas
ist der Leberreischling (F. hepatica ) in Nordamerika heimisch, in Südamerika Fistulina guzmanii , wo zu seinen Wirtsgehölzen die Scheinbuchen (Nothofagus) zählen, sowie in den subtropischen Bergwäldern Indiens. Außerdem gibt es Bestände von Fistulina spiculifera in Australien, die auf Eukalyptus wachsen.
Die Unterscheidung zwischen Fistulina spiculifera und F. hepatica ist taxonomisch nicht eindeutig gesichert. Wenn es sich um verschiedene Arten handelt, scheint eine Identifizierung vor Ort nicht möglich zu sein, und der Mykologe muss auf die mikroskopische Untersuchung der Sporen zurückgreifen.
Die große Zahl der Nachweise in Australien
wird als F. hepatica bezeichnet, und es muss noch geklärt werden, ob es sich dabei um eine Mischung von Arten in Australien oder - was wahrscheinlicher ist - um eine eigenständige Art handelt (entweder F. hepatica oder eine taxonomisch eigenständige Art, also F. spiculifera).
In Queensland wurde Fistulina spiculifera auf Terpentinbäumen (Syvncarpis glomulifera) in feuchten Sklerophyllwäldern festgestellt.
Dazu der Bericht:
https://redlist.info/iucn/species_view/330893
Mangels Eichen und Rotbuchen wurde die Ochsenzunge auf den kanarischen Inseln auf Lorbeerbäumen schon entdeckt.
Habt ihr ihn schon mal ausserhalb Europas entdeckt?
Fistulina wird in der Familie der Fistulinaceae klassifiziert
molekulare Studien legen nahe, dass es enge Verwandtschaften zum Blätterpilz Schizophyllum in den Schizophyllaceae (im schizophylliden Clade) gibt, aber im separaten Schwester-Fistulinoiden-Clade. Fistulina ist eine cyphelloide Gattung, was bedeutet, dass sie eng mit Lamellenpilzen verwandt ist, aber ihre Fruchtkörper aus glatten, zungenförmigen Körpern bestehen. Die Unterseite, die Fruchtschicht (das Hymenium) besteht aus Röhrchen, die eine "reduzierte" Form der ursprünglichen Lamellen darstellen.
https://ui.adsabs.harvard.edu/abs/2002MolPE..23..357M/abstract
Die DGFM berichtet : „In der Natur heißt es oft: Pilz gegen Pilz - Wirkstoff Feldin"
Der Eichen-Leberreischling (auch bekannt als Beefsteak-Pilz) enthält einen potenten Wirkstoff, der gegen bestimmte Pilze wirkt. Dieser neu entdeckte Stoff, der „Feldin“ genannt wird, könnte auch bei der Bekämpfung von für den Menschen gefährlichen Pilzen wie Candida albicans eine Rolle spielen.
Ein Forschungsteam der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat das Molekül gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Bochum, Göttingen und Frankfurt/Main untersucht. Das ist besonders wichtig, da Pilze wie Candida albicans zu den humanpathogenen Pilzen gehören, die bei Menschen schwerwiegende Infektionen (Mykosen) verursachen können. Im schlimmsten Fall können diese Infektionen sogar tödlich enden, besonders bei immungeschwächten Patienten.
Der Wirkstoff „Feldin“ gehört zu einer Gruppe von Molekülen, den Polyynen, und zeigt eine starke Wirkung gegen Ascomyceten-Pilze, indem er deren Wachstum hemmt. Das bedeutet, dass „Feldin“ möglicherweise auch als Arzneimittel zur Bekämpfung von Pilzinfektionen beim Menschen eingesetzt werden könnte. Junho Lee, der Erstautor der Studie und Doktorand an der HHU, erklärt, dass der Beefsteak-Pilz eine „scharfe Waffe“ gegen andere Pilze besitzt, die für den Menschen von Nutzen sein könnte.
Hier könnt ihr mehr darüber lesen:
https://www.dgfm-ev.de/news/waffe-aus-beefsteak-fungus-gegen-andere-pilze
https://www.mdpi.com/2218-273X/10/11/1502
Beefsteak Jerky
Hin und wieder mache ich dieses Rezepte. Die Jerky-Marinade ist wirklich köstlich!
Zutaten:
frische Pilze (wie Leberreischling, Schwefelporling, Kräuterseitlinge, Austernseitling...)
60g helles Sojasauce
100g Honig oder Ahornsirup
8g Paprikapulver geräuchert oder Currypulver
100ml schwarzer Johannisbeersaft oder Kokosmilch
1 Prise Chiliflocken
1große Prise Bergsalz
15g Rotwein-, oder Kirschessig
Die Pilze in dünne, gleichmäßige Scheiben schneiden ( Austernseitlinge können ganz bleiben oder in Stücke gerupft werden). Alle Zutaten in einem weiten Topf oder eine große Pfanne geben.
Bei schwacher Hitze 1 bis 2 Stunden sanft einkochen lassen, damit die Pilze möglichst viel Flüssigkeit aufnehmen. Dabei wird die Flüssigkeit eindicken und reduzieren.
Das Beefsteak aus der Marinade nehmen und im Dörrgerät bei 60°C ca. 1 Stunde trocknen. Während das Beefsteak trocknet, die Flüssigkeit weiter reduzieren, bis sie sehr klebrig ist.
Die restliche klebrige Flüssigkeit über das Jerky gießen, alles gut vermengen und wieder bei 60 Grad im Dörrgerät trocknen.
Achtet darauf das die Scheiben nicht übereinander liegen, sonst trocknen die Scheinen nicht gleichmäßig.
Es dauert einige Stunden, bis das Jerky bei 60 Grad trocken ist. Dies hängt jedoch stark von der Dicke der Scheiben ab.
Tipp: auch frischen feingehackten Knoblauch und frisch geriebenen Ingwer füge ich gerne hinzu. Ihr könnt richtig kreativ werden und verschiedene Gewürze hinzufügen, bevor die Pilze getrocknet werden.